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Grundfarben
Die Grundfarben
Es mag kaum zu glauben sein, aber die Vielfalt der Fellfarben beim Hund basiert auf nur zwei verschiedenen Varianten des Pigmentstoffes Melanin, die ins Haar eingelagert werden: Eumelanin, welches schwarzes/braunes Pigment bildet und Phäomelanin, zuständig für rotes/gelbes Pigment.
Dabei bildet Eumelanin relativ große, reiskornförmige Pigmentkörnchen, während Phäomelanin kleinere und unregelmäßigere Pigmentkörnchen bildet.Die Anzahl, Dichte und Anordnung dieser Pigmentkörnchen im Haar, sowie entlang des gesamten Körpers können variieren und bilden so die verschiedenen Fellfarben. Als Faustregel gilt dabei, dass an dorsalen Körperpartien Eumelanin überwiegt, während an den ventralen Bereichen mehr Phäomelanin ins Haar eingelagert wird. Besonders gut kann man das bei Hunden der Fellfarbe „Black and Tan“ erkennen.Eumelanin und Phäomelanin werden in den Melanozyten (Pigmentzellen) gebildet, diese liegen in der Basalschicht der Epidermis (Oberhaut) und in den Haarfollikeln. Die Grundsubstanz für beide Farbstoffe bildet die Aminosäure Tyrosin, die mit Hilfe des Enzyms Tyrosinase, das als Katalysator fungiert, zu den beiden verschiedenen Pigmentarten oxidiert wird.
Bei den meisten Säugetieren sind für die Verteilung der beiden Farbstoffe Eumelanin und Phäomelanin die Allele zweier Gene verantwortlich: Mc1r (Melanocortin Receptor 1) und ASIP (Agouti signalling Protein). Die Produkte dieser Gene wirken außerhalb der Melanozyten und bestimmen, wann und wo welches Pigment gebildet und eingelagert wird. Der Melanocortin Rezeptor ist dabei der „Hauptspieler“, der das Signal in das Innere der Zelle weiterleitet. Funktioniert dieser Rezeptor ohne Störungen, dann gibt er das Signal für „Schwarz“, also Eumelanin. Nun hat dieser Rezeptor einen Antagonisten, der bei ihm „andockt“ und das Signal zu „Rot“, also Phäomelanin ändert. Dieser Antagonist ist das Agouti Signalling Protein. Nun wird dieses Protein in zwei verschiedenen Varianten („Isoformen“) gebildet: „hair-cycle-specific“ und „ventral-specific“ (Vrieling et al. 1992).
Zu Beginn des Haarwachstumszyklus dauert es meist eine Weile, bis die Produktion von Agouti Protein in die Gänge kommt, in dieser Zeit wird von α-MSH (Melanozyten stimulierendes Hormon) das Signal "Schwarz" gegeben und vom Melanocortin Rezeptor an die Melanozyte weitergeleitet. Sobald das Agouti Protein seine Arbeit aufnimmt, also am Rezeptor andockt, wird das Signal auf „Rot“ geschaltet, also statt Eumelanin nun Phäomelanin produziert. Dieses Umschalten nennt man „Pigment-Type-Switching “ (Bultman et al. 1992, Miller et al. 1993, zitiert nach Berryere et al. 2005). Abhängig davon, welches Allel für ASIP vorliegt, kann das Signal nun dauerhaft auf „Rot“ stehen bleiben, oder aber wieder durch „Schwarz“ abgelöst werden.
Hier ist das Agouti signalling Protein während des gesamten Haarwachstumgszyklus aktiv, aber nur in den ventral, also bauchseits gelegenen Körperpartien. In diesen Bereichen wird hauptsächlich Phäomelanin gebildet. Daher sind Beine, Bauch, Rutenunterseite, der Bereich des Afters, Kehle und oft auch der Fang bei vielen Hunden hell.
Beim Dobermann sieht man die ventral-spezifische Verteilung von Phäomelanin besonders gut.
Bei den meisten Tierarten kann man die Fellfarben mit diesen beiden Genen schon sehr gut erklären, bei Hunden jedoch kommt ein drittes Gen dazu: CBD103 (β-Defensin 103). Dieses Gen spielt seine Hauptrolle eigentlich im unspezifischen Immunsystem, ist beim Hund aber mit am „Pigment-Type-Switching“ beteiligt (Candille et al. 2007). Wie das Agouti signalling Protein bindet CBD103 an den Melanocortin Rezeptor 1; anders ausgedrückt: CBD103 und ASIP konkurrieren um die Bindungsstellen an Mc1R. Wer dabei das Rennen macht und wie sich das Ganze auf die Fellfarbe des Hundes auswirkt, wird dadurch entschieden, welche Allele dieser drei Gene nun vorliegen. Der Einfachheit halber werde ich im weiteren Verlauf nicht die wissenschaftlichen Bezeichnungen der Gene, sondern ihre „bürgerlichen“, teilweise seit Jahrzehnten etablierten Namen verwenden, Extension (Mc1r), Agouti (ASIP) und der „Newcomer“ Black (CBD103, Kerns et al. 2003), oder auch: E-Locus, A-Locus und K-Locus.
Extension – vier Allele
EM: (M steht für "Mask")Eumelanin und Phäomelanin können gebildet werden, schwarze Maske
EG: Domino (G steht für "Grizzle"): Eumelanin und Phäomelanin können gebildet werden, helle Gesichtsmaske mit "Witwenspitz", Phäomelaninbande an dorsalen Haaren bei Black and Tan.
E: Eumelanin und Phäomelanin können gebildet werden
e: ("recessive yellow") nur Phäomelanin wird gebildet
Bei dem rezessiven e-Allel handelt es sich um eine sogenannte „Loss-of-Function“-Mutation, es ist also nicht mehr in der Lage, einen funktionierenden Rezeptor zu kodieren. Daraus ergibt sich seine epistatische Wirkung, wenn es homozygot vorliegt: ohne diesen Rezeptor ist es vollkommen irrelevant, welche Allele auf den anderen beiden Genorten vorliegen, ohne funktionierenden Rezeptor kann kein Signal ins Innere der Melanozyten weitergegeben werden. Ein e/e-Hund kann also verdeckt alle möglichen Farben tragen: Schwarz, Gestromt (Brindle), alle Farben der Agouti-Serie und sogar Merle (und natürlich alles, was jeder Hund heterozygot verdeckt tragen kann, wie Blau oder Braun).
Hunde mit dem Genotyp e/e besitzen kein schwarzes Haar im Fell (oder nur vereinzelt), ihre Farbe kann von „Weiß“, wie bei Samojede oder West Highland White Terrier, über Créme und Golden (z. B. Golden Retriever) bis hin zu Rot (Irish Red Setter) variieren (Newton et al. 2000, Everts et al. 2000, Schmutz & Berryere 2007).
Eigentlich versteht es sich von selbst, aber anscheinend ist es bei etlichen Leuten noch nicht angekommen: eine Verpaarung von e/e x e/e ergibt immer und ausschließlich e/e und wenn die Vorfahren der betreffenden Hunde grün-violett kariert mit rosa Punkten waren, so kommt trotzdem nichts anderes als e/e heraus! Auch nicht bei Deutschen Spitzen!
Das Allel EG wurde erst vor kurzem entdeckt und zeichnet für eine Fellzeichnung verantwortlich, die bei Afghanen "Domino", bei Salukis "Grizzle" genannt wird (Dreger & Schmutz 2010). Charakteristisch ist eine extreme Ausprägung der Wildfarbigkeitsabzeichen und das Vorhandensein von Phäomelaninbanden bei at/at-Hunden. Siehe auch Kapitel "Domino" bei Modifier-Genen.
Allel EM: Schwarze Maske (Eurasier)
Allel E: Eumelanin und Phäomelanin können gebildet werden (Eurasier).
Allel e: Nur Phäomelanin kann ins Haar eingelagert werden. Eumelanineinlagerung in die Haut ist möglich, der aufgehellte Nasenspiegel ist jedoch für crémefarbene Hunde völlig normal (Akita).
Sowohl der weiße Schäferhund als auch der Golden Retriever verdanken ihre Fellfarbe dem rezessiven Allel am Extension-Locus, Genotyp e/e (Schmutz & Berryere 2007). An der Intensität der Fellfarbe sind jedoch noch andere Gene beteiligt.
"Domino" EG - Grundfarbe Black and Tan (Afghane)
Agouti – vier Allele
Ay: (y steht für "Yellow") Sable (Zobel, Rot)
aw: (w steht für "wild color"**) Agouti (Wildfarbe, Grau)
at: (t steht für "Tan") Black and Tan (Schwarz-Marken)
a: Schwarz
Das rezessive a-Allel ist eher selten und kommt nur bei wenigen Hunderassen vor, meistens handelt es sich dabei um Hüte- und Schäferhunde: ein schwarzer Deutscher Schäferhund oder Sheltie verdankt seine Fellfarbe immer diesem Allel (Kerns et al. 2004, Berryere et al. 2005), aber auch bei Schipperke, Groenendael, Puli, Australian Shepherd, Border Collie sowie dem Samojeden und dem American Eskimo Dog (und dem Deutschen Spitz [BD]) kommt rezessives Schwarz vor, zusammen mit dem dominanten Schwarz des K-Locus (Schmutz & Berryere 2007b). Auch bei den meisten schwarzen Eurasiern handelt es sich um rezessives Schwarz, das Allel wurde vom Samojeden in den Genpool eingebracht [BD].
Das rezessive Schwarz sorgte lange für Verwirrung unter Hundezüchtern und Genetikern, galt Schwarz doch als das dominante Allel der A-Serie, As. Erst in den achtziger Jahren wurde Schwarz als rezessives Allel der Agouti-Serie beim Deutschen Schäferhund anhand der Auswertung von Zuchtdaten nachgewiesen (Carver 1984).
Schwarzer Deutscher Schäferhund, Genotyp a/a.
Typisch für Fellfarben, die auf den Allelen der Agouti-Serie basieren ist der schwarze "Aalstrich", mit dem die Welpen normalerweise zur Welt kommen: ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Streifen mit schwarzen Haaren entlang der Körperoberseite, von der Nasen- bis zur Schwanzspitze. Bei sablefarbenen Hunden kann er fast völlig verschwinden bzw. ist bereits beim Welpen nur an Kopf und Rute deutlich zu sehen, oft bleiben nur ein paar vereinzelte schwarze Haare, vor allem an den Ohren, im Nacken- und Schulterbereich sowie an der Rute im Bereich der Supracaudaldrüsen und der Rutenspitze [BD].
Die gebänderten Haare, die für das aw-Allel typisch sind, können übrigens auch bei den anderen Farben der Agouti-Serie auftauchen, abhängig von Modifier-Genen. Besonders prädisponiert sind hierfür der Bereich des Rückens direkt hinter den Schulterblättern und der Hals.
KB: (B steht für "Black) Schwarz
ky: (y steht für "Yellow") Wildtyp, Eumelanin und Phäomelanin können gebildet werden.
Das KB-Allel bindet dauerhaft an den Mc1-Rezeptor, so dass das Signal an die Melanozyte dauerhaft auf „Schwarz“ geschaltet wird. Dabei steht es in Konkurrenz mit dem Agouti signalling Protein, "gewinnt" aber in der Regel beim "Kampf" um die Bindungsstelle, ist also epistatisch über die Agouti-Allele. Ausnahmen von der Regel gibt es, wenn KB heterozygot und mindestens ein Ay- Allel (vielleicht auch aw) vorliegt, dann kann die eigentlich schwarze Fellfarbe "verwaschen" oder rotstichig* wirken, abhängig von der Menge des gebildeten Phäomelanins.
Bei Kbr erfolgt die Blockade streifenweise entlang des Körpers, in allen Regionen, die sonst durch Phäomelanin pigmentiert worden wären. Bei einem Hund, der nicht Schwarz, Brindle oder Créme (e/e), kann man also automatisch davon ausgehen, dass er am K-Lokus ky/ky ist. Bei Schwarz bleib dann nur noch die Frage, dominant (K-Lokus) oder rezessiv (A-Lokus)? Das lässt sich von außen nicht unbedingt sagen.
Auch schwarze Wölfe, die man übrigens ausschließlich aus Nordamerika kennt, tragen das KB-Allel. Aktuell wird angenommen, dass es von Hunden in den Genpool der nordamerikanischen Wölfe eingebracht wurde (Anderson et al. 2009).
So wie dominantes Schwarz wurde auch Brindle bis vor Kurzem dem falschen Lokus, nämlich Extension zugeordnet (Little 1957, Willis 1989). Erst Kerns et al. postulierten 2007 den K-Locus mit den oben genannten drei Allelen, was noch im selben Jahr bestätigt werden konnte (Candille et al. 2007).
Einige Rassen tragen häufig Brindle (Kbr), auch wenn die Hunde selber normalerweise kein Brindle aufweisen, z. B. Golden und Labrador Retriever, auch der ein oder andere weiße (oder auch schwarze) Deutsche Spitz trägt verdeckt Brindle [BD].
Grundfarbe Sable, mit Brindle (Basenji)
Noch einmal Grundfarbe Sable (Akita). Die Brindle-Zeichnung ist sehr viel ausgeprägter, als beim Basenji.
Wie sich die Allele der drei Hauptgene untereinander verhalten, kann man im Kapitel Übersichtstabelle sehen.
Ausgehend von diesen drei Genen kann jeder Hund rein prinzipiell also einer von fünf Grundfarben zugeordnet werden:
Créme, Sable, Agouti, Black and Tan oder Schwarz, die drei mittleren jeweils mit oder ohne schwarze Maske und/oder Stromung. Alle anderen Fellfarben (Merle, Scheckung, Braun, Blau etc.) sind nur noch Modifikationen dieser fünf Grundfarben. Die Bezeichnungen für die Grundfarben sind mehr oder weniger willkürlich gewählt und dem Versuch geschuldet, teilweise sehr unterschiedliche Fellfarben unter jeweils einen Hut zu bekommen. Ein Samojede fällt genau so in die Kategorie Créme, wie ein Irish Red Setter, auch wenn keiner der beiden den exakten Farbton aufweist, den man sich unter "Créme" wohl vorstellt. "Sable" (oder deutsch "Zobel") bezeichnet eigentlich eine rötliche Fellfarbe mit eingestreuten schwarzen Haaren. Hier bezeichne ich einen Hund, der zumindest die Möglichkeit hätte, diese schwarzen Haare zu bilden (im Gegensatz zum crémefarbenen Hund, der diese Möglichkeit nicht hat - ob nun tatsächlich schwarze Haare im Fell verstreut sind oder nicht).
Für mich als Zoologin ist ein Aguti in allererster Linie ein südamerikanisches Nagetier . Trotzdem ist "Agouti" immer noch kürzer und einprägsamser als "gebänderte Haare", besser klingen tut es auch noch. Dass damit bei einigen Hunderassen und auch Mäusen ein sehr spezifischer Phänotyp bezeichnet wird, sorgt zwar bisweilen für Verwirrung, ist aber ein verschmerzbarer Nachteil.
"Black and Tan" müsste man korrekterweise "hauptsächliche Eumelanineinlagerung mit Phäomelanin an fest definierte Stellen" nennen, was aber extrem sperrig ist - auch wenn das "Black" nicht unbedingt schwarz oder das "Tan" nicht unbedingt rot sein muss, ist "Black and Tan" immer noch eine Bezeichnung, die sehr genau ausdrückt, was eigentlich gemeint ist.
Diese Einteilung ist sehr inoffiziell, d.h., sie ist in dieser Form nicht in der wissenschaftlichen Literatur zu finden. Sie funktioniert aber tadellos und lässt sich - mit etwas Übung und Kenntnis der rassespezifischen Besonderheiten - auf jeder Hundewiese überprüfen. (Meistens, jedenfalls. Es gibt Fälle, in denen die Zuordnung dann doch schwierig bis unmöglich wird).
Grundfarbe Créme (Samojede). Die Intensität der Fellfarbe kann von Weiß bis Tiefrot reichen, sie wird von anderen Genen gesteuert.
Grundfarbe Sable (Eurasier).
Grundfarbe Agouti (Alaskan Malamute)
Grundfarbe Black and Tan (Eurasier)
Grundfarbe Schwarz (dominant, Großspitz)
Farben wie "Braun", "Blau", "Merle" usw. werden durch Modifier-Gene gebildet, die jedoch die eigentliche Grundfarbe nicht verändern können.
*Ein Rotstich im schwarzen Fell kann auch durch simple Alterung der einzelnen Haare (häufig kurz vor dem Fellwechsel) oder aber einem Mangel der Aminosäuren Tyrosin - dem "Baustoff" für Melanin - und Phenylalanin entstehen!
** Bei Mäusen existiert auf dem A-Locus ebenfalls ein Allel namens aw, dort steht "w" jedoch für "White bellied Agouti". Auch das Allel Ay der Maus ist nicht homolog zu Ay beim Hund! In beiden Fällen handelt es sich um eine historisch gewachsene Namensgleichheit, bedingt durch ähnliche Phänotypen.
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22.08.2014 Neuigkeiten zum Thema Albinismus, siehe Pigmentierungsdefekte
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